Samstag, 14. Juni 2008

Wir sind Helden

Was so ein unbescholtenes Erzengelchen erleben kann, ist echt unglaublich. Ich bin ja ein ganz großer Tatort-Fan, aber mal so mitten im Geschehen zu sein, hätte ich mir nie erträumt.

Samstag morgen, 1.43 Uhr. Aus der Altstadt kommend, wo wir einen sehr vergnüglichen (und dank diverser Sahnecoctails und exquisiten Mexikanischen Essens sehr kalorienreichen) Abend verbrachten, fuhren wir eine breite, dunkle Straße entlang, als ein Mann aus dem Fenster sprang.

Schon komisch, war die einhellige Meinung, also wenden und noch mal vorbei fahren. Das Fenster des Hauses war offen und der Mann bückte sich, um sich die Schuhe zu binden, als wir langsam vorbeifuhren. Noch mal gewendet, und der Mann drückte sich immer noch in der Nähe des Hauses rum... Was tun? Klar, Polizei anrufen, von wegen aufmerksamer Staatsbürger und so... aber erst mal traute sich keiner. Erzengel fasste sich ein Herz und rief die örtliche Polizeistation an. Während ich also unsere Beobachtungen schilderte (ja, der Mann ist ungefähr 1,70, Deutscher, schwarze Bomberjacke, dunkle Hose, helle Haare ...) fuhren wir noch einmal an dem Haus vorbei und parkten in der Nähe. Kurze Zeit später erschienen sage und schreibe drei Polizeiwagen, außerdem noch ein Zivilfahrzeug. In der Zwischenzeit spazierte der Knülch an uns vorbei und wir schickten ihm den Streifenwagen hinterher. Die ganze Straße war voller Polizei und uns wurde langsam mulmig. Kann ja sein, dass der Typ da wohnt, und welches Gesetz verbietet das Verlassen des Hauses durch ein Fenster?

Natürlich wurden unsere Personalien auch aufgenommen, und jetzt warten wir auf die Tapferkeitsmedallien oder die Anzeige wegen übler Nachrede.

Sonntag, 8. Juni 2008

Leben und so..

Also, ich hab mir da mal was überlegt. So krank sein an sich is ja kein Vergnügen. Aber ich LEBE ja! Also denk ich mir, ich denke nicht mehr soooo viel ans krank-sein sondern lebe lieber noch ein bißchen.

Deshalb habe ich mir ein vergnügliches Programm für die nächste Woche zusammen gestellt. Nachdem ich diese Knochenmarkgeschichte überstanden habe, kanns ja nur aufwärts gehen. Ich werde also mal wieder in die Bücherei fahren, in meinem Garten ein paar schöne Blümchen pflanzen, den Kühlschrank abtauen, Erdbeeren pflücken und Erdbeerkuchen backen (jamjam, legga mit Frischkäse), am Freitag mit den lieben Freundinnen zum Mexikaner in die Düsseldorfer Altstadt gehen, am Sonntag mit Freunden auf die Rheinterassen, am Samstag zu meiner VWL-Vorlesung, zwischendurch Miniengel beim Carcassone abzocken und Microengel bei Phase 10 gewinnen lassen..

Ich hab nämlich langsam die Nase gestrichen voll von medizinischen Fachbegriffen. Eigentlich ist es ja auch so, dass ich mich mit dem "Blick zurück" nur selbst blockiere. Es ist wie es ist, und auch wenn ich keine Veränderung wollte, so hat sich eben alles verändert und ist nicht mehr, wie es war. Deshalb ist aber nicht ALLES Sch.... nur manches :-) Und manches ist auch besser: der Collie freut sich sichtlich, dass ich so viel zuhause bin. Miniengel meint, ich hab zuviel Zeit, deshalb müsste SIE dauernd ihr Zimmer aufräumen. Microengel findet, endlich hab ich genug Zeit zum Spielen...

Und was die übernächste Woche betrifft, die nehm ich dann erst in Angriff.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen

Nun ja, man kann wohl sagen, in ganz ganz kleinen Schritten nähern wir uns der Sache.
Der heutige Doc (jung, hübsch, verwirrt) hat mir den nächsten Schrecken eingejagt. Nicht nur, dass er bezüglich meines Krebses nicht weiß, wie er mich wann behandeln will (dabei ist er doch der Fachmann!) nein, jetzt habe ich auch noch "Herzgeräusche". Man, ich kann euch sagen, wenn ich noch öfter ins Krankenhaus gehe, fühle ich mich bald echt so krank, wie sie mich dort reden.
Die beiden Diagnosen, die ich bis jetzt hab, widersprechen sich. Is nich gut, weil je nach a) oder b) ist die Prognose schlecht oder noch schlechter, die Behandlung variiert auch unter Umständen... So oder so wird man in der nächsten Woche zwei äußerst unangenehme Untersuchungen mit mir anstellen: zum einen zapfen sie mir Hirnwasser ab (durch eine Rückenmarkpunktion) und zum andern stanzen sie mir einen drei Zentimeter langen Keil aus dem Knochenmark (am Beckenknochen), ersteres bei lebendigen Leib, zweiteres unter örtlicher Betäubung, die aber nur bis an den Knochen und nicht im Knochen wirkt.

Nun gut. Ich hab ja ein sonniges Gemüt. Mach ich mir über den Herzkaspar angesichts dieser Untersuchungen erstmal keine Sorgen. Und die anschließende Chemo (start in spätestens zwei Wochen) die steck ich doch weg wie nix... nur ... arbeiten gehen ist immoment wohl mein geringstes Problem.

Freitag, 30. Mai 2008

Seltene Primel

Die Zweitmeinung ist gekommen. Und jetzt weiß "man" gar nichts mehr. Das Institut in Frankfurt meint, dass ich eine ganz seltene Form von Lymphdrüsenkrebs habe, ein Malt-Lymphom untypischerweise nicht im Magen.

Tscha, und jetzt? Mein Hausarzt zuckte nur mit den Achseln, er hat "sowas" noch nie gehört. Ja, wenn er nicht, woher soll ICH dann was wissen?? Wie bösartig genau das ist, kann mir auch noch keiner sagen. Ich hab ihm Internet recherchiert, aber da findet man ganz, ganz wenig. Klar, is ja selten. Man, wo finde ich jetzt jemanden, der sich damit auskennt?

Es ist zum Kotzen. Ich will einfach nur mein Leben zurück. An meinem Arbeitsplatz fragt man sich gerade, was ich eigentlich den ganzen Tag so gemacht habe, weil man meine Aufgaben vorläufig verteilen will. Super, vielleicht fragt man sich bald, wozu ich überhaupt bezahlt wurde. Aber ich kann noch nicht mal abschätzen, wann ich wieder arbeiten kann. So ein Scheiß!

Ich kann mich nicht konzentrieren. Ich hänge hier rum und schau Arbeitslosen-TV, was mich immer aggressiver macht. Ich kann mich aber auch zu nix anderem aufraffen, außer Ralf-König-Comics lesen.

Man, heute ist kein guter Tag!

Donnerstag, 29. Mai 2008

Haltet die Welt an

Das skurrilste ist für mich, dass um mich herum die Welt sich weiter dreht. Für mich persönlich ist alles erstarrt und alle anderen haben es gar nicht gemerkt. Ja, ich weiß, das ist normal und auch gut so, aber für mich fühlt es sich außergewöhnlich an.

Ich glaube, die Kunst wird sein, sich irgendwie wieder mit zu drehen.

Montag, 26. Mai 2008

Rosige Aussichten

Vielleicht möchte ich ja doch lieber noch ein Weilchen warten. So seliges Unwissen hat ja auch was... gut, jetzt hab ich halt schon die halbe Diagnose (die endgültige Verifizierung kommt noch von einem Professor aus Frankfurt, und das DAUERT) und die lautet:
Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom.

Aha.

Muss man auch erst mal sacken lassen. Beim Googlen wird mir schon schlecht ob der rosigen Aussichten für die nächsten Monate.

Der Scherzkeks von meinem Hausarzt meinte, ich solle da mal nich die Flinte ins Korn werfen. Ach neh? Tu ich ja nicht, aber bei der Aussicht auf Chemotherapie, Bestrahlung, Knochenmarktransplantation kann ich ja wohl mal kurzzeitig blaß um die Nase werden, oder???

Und jetzt soll ich wieder warten. Darauf, dass der Professor in Frankfurt die Diagnose bestätigt, dass man sich auf die Behandlung einigt, damit anfängt... eins sag ich jedenfalls: jetzt kann die ganze Kacke auch noch bis Montag warten. Am Freitag is nämlich erstmal Microengel-Kindergeburtstag und am Samstag Abitreffen! Und da geh ich hin, solange kann der Mist noch warten.So!

Man bin ich fertig mit der Welt.

Montag, 19. Mai 2008

Variation von Warten

"Krank" sein heißt ja hauptsächlich warten. Warten auf die Untersuchung, warten auf die Diagnose, warten auf Heilung...

Es gibt viele Varianten von Warten, und ich hab da schon einige durch und noch viel vor mir. Da ist erst mal banges, kurzes Warten, das Bauchschmerzen verursacht, etwa vor einer schmerzhaften oder angsteinflößenden Untersuchung.
Dann gelangweiltes Warten. Was auf einen zukommt, kennt man schon, man will es hinter sich haben, aber man muss halt warten, bis man dran ist.
Unruhiges Warten, wenn man nicht weiß, wie lange es noch dauert (oder ist man etwa vergessen worden??)
Und dann das ganz lange Warten, das sogar über dem gesamten Alltag liegt. Ich warte jetzt seit einigen Wochen auf die definitive Diagnose, welche genaue Art von Krebs ich nun habe. Danach entscheidet sich ja erst, was genau gemacht werden kann. Dieses Warten ist besonders hart. Die durch die Angst verursachten Bauchschmerzen sind nicht so spitz wie beim kurz warten, aber immer latent vorhanden. Außerdem überstrahlt diese Art Warten auch alles, was man zur Ablenkung tut, ich wache morgens schon mit dem diffusen Gefühl auf, dass ich da ja noch irgendwas erwarte, was war es nur...
Es gibt natürlich auch noch das ungeduldige, freudige Warten, das man ja eigentlich nicht aushalten kann, aber die Vorfreude auf ein schönes Ereignis noch steigert. Ich freue mich unbändig auf mein Abi-Treffen Ende Mai und natürlich darauf, endlich wieder arbeiten zu gehen (ok, das wird wohl eher langes Warten).
Warten auf den Bus, auf einen Anruf, auf eine Verabredung, dass das Ei weichgekocht ist, dass der Sommer endlich kommt, dass das Kind nach Hause kommt, dass die Farbe eines Bildes getrocknet ist... ich hab mir noch nie so viel Gedanken darüber gemacht, wieviel Zeit man im Leben mit Warten verbringt.
Nun gut. Das ist natürlich der Vorteil von Warten: es verschafft die Gelegenheit, sich auf das was kommt, vorzubereiten. Und manchmal vergeht die Wartezeit auch viel zu schnell.

Montag, 12. Mai 2008

Wenn die Katze aus dem Haus ist...

Meine Güte, ich war doch nur vier Tage und drei Nächte nicht zuhause.

In der Zeit hat man mir aus dem Waschkeller einen Flügelwäschetrockner geklaut (Wert ca. 6,- €, wieso hat keiner ne Waschmaschine mitgehen lassen???), Microengelchen hat die Welt untergehen sehen, Miniengel hat die Bude unter Müll und Schmutzgeschirr gesetzt und der Collie ist beleidigt, weil das Tussitäschchen (ein kleines Täschchen am Geschirr, in dem die für die Hinterlassenschaften nützlichen Plastiktütchen mitgenommen werden können) irgendwo beim Hundesitter abhanden gekommen sind.

Die gesamte Engelsfamily ist durcheinander geschüttelt. Es waren doch nur 96 Stunden??? Was ist erst los, wenn ich mal länger weg bin???

that´s mee

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Erzangie ist

weiblich, 42 :-) mit Kindern lebend berufstätig studierend ehrenamtlich vielseitig kompliziert krebsüberlebende hundefreundin schokoladensüchtig milchkaffeeaffin nichttomatenesserin

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    Jean-Charles Gaudin, Jean-Pierre Danard
    Marlysa, Bd.1, Die Maske


    Jean-Charles Gaudin, Jean-Pierre Danard
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