Immer und immer wieder träume ich das Gleiche. Also, nicht wirklich das ganz Gleiche, aber schon mit der gleichen Grundidee.

Seit Jahren träume ich, dass ich irgendwo hin will (oder muss). Mal fliege ich (also so richtig selbst, wie schwimmen in der Luft), mal laufe ich zu Fuß, steige Treppen, benutze irgendwelche Fahrzeuge, bin mal schnell aber meistens langsam, aber das Ziel erreiche ich nie. Immer gehe/fliege/steige/fahre ich akribisch jede Kurve, jeden Umweg, jede Strecke, ich sehe mein Ziel auch manchmal, um es dann wieder hinter einem Hindernis verschwinden zu sehen, aber immer mache ich unermüdlich weiter. Auf dem Weg begegnen mir oft Andere, die das selbe Ziel haben oder auch nur ein Stück den gleichen Weg, die mir gute Ratschläge geben oder mich hindern wollen, mein Ziel zu erreichen, aber nie lasse ich mich beirren.

Immer, aber auch wirklich immer, ist es sehr mühsam und zähflüssig. Und immer, wenn ich denke, jetzt endlich habe ich es geschafft, dudelt mir mein Wecker ins Ohr oder der Engelscollie stupst mich an. Das Gefühl aber, das nach dem Aufwachen den Tag über haften bleibt, ist ein Gefühl von Ichschaffedasschonichmussmichnurmehrbemühen.

Lebe deinen Traum? Nun ja. Da brauche ich kein Küchenpsychologe zu sein, um zu wissen, womit sich mein Unterbewußtsein seit Jahren im Schlaf rumschlägt.

Versteht IHR noch, was das alles wirklich für uns bedeutet? Euro-Rettungsschirm, BaFin-Verbot bestimmter (nicht aller) Leerverkäufe, Transaktionssteuer, Schuldenbremse, Steuererhöhung... ICH kapituliere vor den komplizierten Zusammenhängen und ich studiere den Scheiß sogar!

Kein Wunder, dass ich Investition und Finanzierung nicht bestanden habe. Ist wie mit den Keilriemen beim Auto: hat man mir schon hundertmal erklärt, verstehe ich trotzdem nicht.

Ganz allein ins Kino gehen ist gar nicht schlimm. Als einzige Frau in einem Kinosaal voll junger Männer zu sitzen, auch nicht. Der Testosteron-strotzende Männertraum alias "Ironman 2" war auch nicht schlimm. Im Gegenteil, genau mein Ding. Marvel 4ever!

Ich glaube, mir hat in den letzten drei Monaten etwas gefehlt. Der Kinoabend gestern jedenfalls war großartig!

Per SMS macht uns der Pubertätsengel den Hals lang. Sie säße am Meer und ließe sich den Wind um die Nase wehn, es wäre gaanz toll. Sie ist beim Jugendrotkreuzsanitätswettbewerb und darf drei Tage in Bremen im Zelt schlafen.

Da müssen wir und auch etwas gutes tun, beschließen der Microengel und ich und fahren zum Wellnessen. Für den Microengel das erste Mal. Nachdem sie sich an die Kleiderordnung gewöhnt hat (alle? Sind wirklich ALLE nackich, Mama??) genießt sie das durchwärmen und schwimmen und abkühlen und ausruhen genauso wie ich. Am schönsten findet sie das Wasserbett, das uns beide sanft in den Schlummer schaukelt.

Genau SO hatte ich mir den Vatertag gewünscht. Jetzt noch einen leckeren Chai-Tee und ein gutes Buch, und der Tag findet einen perfekten Abschluss. TROTZ des Herbstwetters da draußen.

Meine Kollegen finden´s doof. Aber ich bin doch eine Angel(a)!

...und hinten drauf steht: Ich eröffne ein Gyros-Konto....

Watt war datt schöööön!

Erzangie hat recht nah am Wasser gebaut. Wichtigstes Utensil bei so einer hochemotionalen Angelegenheit wie einer großen Hochzeit sind daher gut gefüllte Tatütas.

Als die Braut an der Hand ihres Vaters in die Kirche schwebte, gefolgt von den allerhübschesten Brautjungfern, war es schon kurz vor knapp. Zum Glück hatte das Brautpaar in weiser Vorraussicht in das Programmheft ein Papiertaschentuch "für Freudentränen" befestigt. Als der Microengel herzallerliebst auf einen Stuhl gehoben wurde, um an das Mikrofon für die Fürbitten ran zu kommen, war ich doch sehr stolz, dass meine Augen nicht überflossen (und hach, wie stolz war ich wegen des Engelnachwuchses!)

Beim Gospelsolo hatte ich wieder Pippi inne Augen - aber ich heulte nicht. Geschafft, dachte ich, das Taschentuch in meiner Hand war feucht vom Durchkneten und nicht von meinen Tränen. Dann hielt die Braut vor dem Essen ihre Ansprache, und bedankte sich als erstes bei den Eltern. Dann bei den Brautjungfern. Und dann bei der "allerbesten Brautjungfernmutter überhaupt, unserer lieben Erzangie". Ich habe Rotz und Wasser geheult. Verdammt. Und kein Tatüta mehr griffbereit.

Ich habe drei niegelnagelneue Flüche angewendet und geschätzt anderthalb Liter Blut beim Anstechen meiner Finger verloren... aber das ist es für mein liebes Hochzeitspaar wert. Jetzt muss ich allerdings drei Tage Schlaf nachholen, ich fürchte ich werde den feierlichen Moment in der Kirche verpassen.

Der ganze Ort kennt den Microengel nur als schwarz-grünen Blitz. Jeden Tag saust sie auf ihrem Roller die Straßen rauf und runter, immer mit hoher Geschwindigkeit und wehenden schwarzen Haaren.

Sauste, Vergangenheit, muss ich schreiben denn ihr heißgeliebtes Gefährt wurde ihr in der Schule geklaut. Die Geschichte, die sie mir erzählte, ist einigermaßen verworren: da war einer, der ihr sagte, dass zwei andere den Roller über einen Zaun geworfen haben. Zur Rede gestellt, sagen die natürlich, dass der eine lügt. Der wiederum behauptet, den anderen mit dem Roller gesehen zu haben.

Wir sind zu allen nach Hause gefahren. Die Eltern stellen sich schützend vor ihre Kinder, die würden sowas NIIIIIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEE tun. Da sich die Geschichten aber immer um die selben vier Namen drehen, haben die Jungs ganz sicher etwas damit zu tun.

Das traurige daran ist, dass niemand mit dem Roller herum fahren kann - schließlich ist der Microengel und der Roller bekannt wie ein bunter Hund. Also wurde er ganz bestimmt irgendwo in ein Gebüsch geworfen und wir können ihn nicht finden.

Wir wären nicht die Erzengelsfamily, wenn wir es dabei belassen würden. Ich bat das Microengelchen, den Jungs auszurichten, ich hätte sie verhext, und demjenigen, der den Roller geklaut hat, würde in der nächsten Woche eine Warze auf der Nase wachsen. Das glauben die mir nicht, sagte das Engelchen. Aber mir, antwortete ich, und dem stimmte sie zu. "Aber Mama, eine juckende Warze am Hintern, das fände ich viel besser."

Wird gemacht. Finde ich nämlich auch.

Das kenne ich sonst nur von Silvester, diese bleierne Müdigkeit, die sich ab 20:00 Uhr einstellt, wenn man weiß, man muss noch bis nach Mitternacht aushalten...

Ich habe schon eine halbe Flasche Cherry Coke getrunken (wenn ich das an anderen Abenden mache, titsche ich hier rum wie ein Flummibällchen und finde nicht in den Schlaf) und mit dem Microengel eine DVD geguckt. Meine Finger sind schon wundgestickt - das Geschenk wird heute trotzdem nicht fertig, weil mir die Augen zufallen.

Tanz in den Mai ist also wie Silvester. Nur, dass ich nicht selbst feiere, sondern um den sechzehnjährigen Pubertätsengel vor Schaden zu bewahren und dem Jugendschutzgesetz genüge zu tun, den Taxiservice spiele.

Hmpf. Noch eine Stunde. Vielleicht sollte ich jemandem ein Maibäumchen setzen.





Ich bin soooo müde!